Sehr geehrte Verantwortliche der Lehrerausbildung,
ich wende mich heute mit einem dringenden Anliegen an Sie:
das Thema Hochbegabung wird in der universitären Lehrerausbildung und den Vorbereitungen auf den Schuldienst massiv vernachlässigt.
Dies ist umso alarmierender, wenn man bedenkt, dass laut Schätzungen etwa 2-3% der Schülerinnen und Schüler in Deutschland als hochbegabt gelten. Dieser Prozentsatz sind nur diejenigen Kinder, die einen IQ-Wert über 130 erreichen zum Zeitpunkt der Messung.Diese Zahl mag klein erscheinen, doch sie betrifft zehntausende Kinder und Jugendliche, die ohne angemessene Förderung ihr Potenzial nicht entfalten können.
Hochbegabte Kinder und Jugendliche stellen eine besondere Herausforderung im Schulalltag dar. Studien zeigen, dass bis zu 50% dieser Schülerinnen und Schüler im Laufe ihrer Schulzeit unter Motivationsverlust und Lernunlust leiden, wenn sie nicht entsprechend gefördert werden. Leider zeigt eine aktuelle Erhebung, dass nur 12% der Lehrkräfte in Deutschland sich ausreichend auf den Umgang mit hochbegabten Schülern vorbereitet fühlen. Diese Zahlen verdeutlichen das Ausmaß des Problems und die dringende Notwendigkeit, das Thema Hochbegabung stärker in den Fokus der Lehrerausbildung zu rücken.
Es ist beunruhigend, dass zukünftige Lehrerinnen und Lehrer auf die Bedürfnisse dieser Schülergruppe nicht ausreichend vorbereitet werden. Die mangelnde Ausbildung in diesem Bereich führt dazu, dass Hochbegabung häufig übersehen, missverstanden oder gar mit Verhaltensauffälligkeiten ( wie Autismus, ESE oder ADHS) verwechselt wird. Eine Studie der Karg-Stiftung zeigt, dass nur etwa 20% der Lehrkräfte regelmäßig Fortbildungen zum Thema Hochbegabung besuchen – eine erschreckend niedrige Zahl, die sich auch in der universitären Ausbildung widerspiegelt. Hier wird das Thema oft nur am Rande behandelt, wenn überhaupt.
Die Konsequenzen dieser Vernachlässigung sind dramatisch: Hochbegabte Schülerinnen und Schüler verlieren die Freude am Lernen, werden unterfordert und entwickeln im schlimmsten Fall psychische Probleme.
Laut einer Studie der Universität Marburg berichten über 30% der hochbegabten Schülerinnen und Schüler von negativen Schul- und Lernerfahrungen, die in direktem Zusammenhang mit einer fehlenden Förderung stehen. Diese Kinder müssen Kommentare ertragen, wie:“ Schreib erstmal schön, dann wirst du gefördert!“, “ mach erstmal alle Aufgaben, dann bekommt du anderes Material!“. Das nagt an der Motivation der Kinder!
Ich appelliere daher eindringlich an die Verantwortlichen in der Lehrerausbildung, das Thema Hochbegabung stärker in den Fokus zu rücken. Es bedarf einer umfassenden Integration in die Lehrpläne und einer praxisnahen Vermittlung im Studium. Nur so können wir sicherstellen, dass alle Schülerinnen und Schüler – unabhängig von ihren individuellen Begabungen – die bestmögliche Bildung und Förderung erhalten.
Hochbegabung darf nicht länger ein Randthema in der Lehrerausbildung sein. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass die besonderen Bedürfnisse hochbegabter Schülerinnen und Schüler ernst genommen werden und unsere zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer die Kompetenzen erhalten, die sie für einen erfolgreichen Unterricht benötigen.
Nadja Stojilkovic